…zeichnen

Warum Zeichnen?

In der heutigen Astro-Szene ist die Astrofotografie fest etabliert und erfreut sich durch die immer besser werdende Aufnahme- und Bildbearbeitungstechnik großer Beliebtheit. Natürlich ist die Astrofotografie mit mehr oder weniger umfangreichem Aufwand verbunden. Doch auch mit kleinen Mitteln und Ideenreichtum lassen sich bereits hervorragende Ergebnisse erzielen.

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In unserer Gruppe liegt die Messlatte was Aufnahmen betrifft mittlerweile erfreulicherweise sehr hoch und man ist von den Ergebnissen fasziniert. Warum sollte man dann überhaupt erst das Zeichnen anfangen?

Ein Astrokollege, der den Rükl-Mondatlas besitzt (Quelle: Rükl Mondatlas / bis in die heutige Zeit vielleicht immer noch das Werk in Sachen Mondkartierung),  hat mir diese Bilderfolge zu meiner Zeichnung geschickt. Zum Vergrößern auf das Bild klicken!

Wo hat Papier und Bleistift seinen Platz?

Viele Hobbyastronomen führen Beobachtungslogbücher und halten ihre Touren am nächtlichen Sternenhimmel schriftlich fest. Dazu werden nicht selten Notizen am Teleskop gemacht.

Von dieser Seite betrachtet, ist Zeichnen gewissermaßen die schnellste Möglichkeit, etwas Beobachtetes für seine Aufzeichnungen festzuhalten: Eine „Momentaufnahme“ der Eindrücke! Stift und Papier sind meist in Griffnähe und eine kleine Skizze ist schnell erstellt. Schon hier schult es unbewusst die Konzentration und das teleskopische Sehen, denn man möchte es ja richtig darstellen.

Die hier gezeigte Mondkraterzeichnung hat ein Astrofreund aus unserem Forum mit Kartenmaterial animiert:

      Für die Animation bitte auf die Zeichnung klicken!(Quelle: Rükl Mondatlas)

Natürlich bedarf es, will man beim Zeichnen zu anschaulichen Ergebnissen kommen, schon einiger Grundkenntnisse und entsprechender Techniken.

Auf alle Fälle lernt man sich beim Zeichnen intensiv mit einem Objekt auseinanderzusetzen. Detailreichtum und die Erfahrung, wie Feinheiten plötzlich während längerer Konzentrations- und Beobachtungsphasen auftauchen ist in meinen Augen der größte Gewinn.

Dabei funktioniert das menschliche Auge wie eine Stacking-Kamera, welche die besten „Aufnahmen“ (in luftruhigen Momenten) herausfiltert und diese addiert. Hier liegt ein nicht zu unterschätzender Vorteil, der beim schnellen Blick auf ein Objekt ungenutzt außer Acht gelassen wird.
Ein Kontrollblick ist allerdings unerlässlich, da das menschliche Gehirn einem manchmal auch Strukturen vorgaukeln kann. Es versucht quasi automatisch und unbewusst bekannte Formen und Figuren mit dem Gesehenen in Verbindung zu bringen. Daher sollte…

„Die goldene Regel“ des Zeichnens

…gelten. Gezeichnet wird nur das, was sicher und mehrfach!! beobachtet worden ist! Alles andere könnte eine „Täuschung“ sein und lässt die Zeichnung fragwürdig erscheinen! Dies steht dann meiner Meinung nach im Widerspruch zum Ethos des ernsthaften Zeichners.

Die Ausstattung

Es ist auf alle Fälle nützlich mit so wenig Aufwand wie möglich auszukommen, da nicht selten Witterungsverhältnisse (Feuchtigkeit, Kälte, Wind…) das Zeichnen beeinträchtigen. Meine Ausstattung umfasst:

– eine flächig, gleichmäßig leuchtende Rotlichtlame
– ein Zeichenklemmbrett
– weißes (ich bevorzuge glattes Papier) nicht zu dünnes Papier
– mehrere Bleistifte (einen Druckbleistift, harte und weiche Zeichenstifte im 4H – 8B Bereich (ich bevorzuge am Teleskop den HB)
– einen weichen Radiergummi (den man eigentlich gar nicht brauchen sollte…)
– evtl. Kreisschablonen für Planeten (mein Weinprobierglas Wink) oder Deep-Sky Gesichtsfelder (größerer Kreis)

Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Jeder Zeichner entwickelt seinen eigenen Stil und arbeitet unterschiedlich. Für den Einstieg ist sie allerdings als „Mindestvariante“ zu sehen.

Außer der Schablone für Planeten oder den Okularausschnitt mache ich keine Vorarbeiten. Ich setze auch die Sterne bei Deep-Sky-Objekten stets am Okular.

Wie fange ich an

Hier kann ich nur aus meiner Erfahrung berichten. Es gibt auf alle Fälle unterschiedliche Herangehensweisen.

Nach dem Motto: „Weniger ist mehr!“ begann ich sehr kleine Marszeichnungen im Jahre 2009 anzufertigen. Dabei war die Schablone beinahe nur Daumengroß. Doch dies reichte, um das Gesehene darauf unterzubringen.

In dieser Weise arbeite ich heute noch. Selbst an großflächigen Mondkraterlandschaften beginne ich an einem meist „markanten“ Punkt (Kraterrandauffälligkeit / Zentralberg o.ä.) und arbeite mich von dort ausgehend weiter.
Der Weg vom kleinen Ausschnitt zum großen Areal ist sicherlich motivierender, als eine große Vorlage nur halb oder unausgefüllt zu betrachten.
Was festgehalten ist, ist festgehalten! Alles was dazukommt ist natürlich erfreulich.

Aber wie bei der Fotografie sind hier Grenzen gesetzt. Der Schattenwurf und die Planetendrehung verändert das Bild zusehends, so dass ich als Faustformel für das Zeitlimit: max. 10 – 20 Minuten Planetenzeichnung, max. 30 Minuten Mondzeichnungen ansetzen würde. Und da muss man sich schon sputen!

Im Deep-Sky bereich kann man sich dagegen länger Zeit lassen, da die Objekte von der Erde aus gesehen unverändert im Sternfeld stehen.

Erste Schritte auf dem Papier

Im „Schwarz auf Weiß“-Verfahren werden Deep-Sky-Zeichnungen später in der Regel am PC invertiert. Das bedeutet:
Was hell im Okular schimmert, wird deutlich gezeichnet. Dunkelgebiete werden ausgespart.
Dieses „Umdenken“ ist nicht einfach und bedarf der Übung. Meine ersten Versuche blieben deswegen „farbverkehrt“ und uninvertiert. NGC 891 wurde fein umrissen und das Staubband in der Edge On Galaxie mit Bleistift eingezeichnet. Wichtig ist es zu Beginn die Lage und die Proportionen richtig aufs Blatt zu bringen. Sternabstände im richtigen Verhältnis auf das Papier zu übertragen und Winkel sauber umzusetzen benötigt ebenfalls einige Zeit, Ausdauer und Übung. Hier geht es in erster Linie die Grundlagen zu erlernen. Ohne diese Fähigkeiten wird man auch auf dem Planeten und dem Mond „verloren“ sein, denn hier gilt es eine Vielzahl von Strukturen im richtigen Verhältnis auf die Zeichenfläche zu übertragen. Diese ersten Schritte sind sicherlich die Schwierigsten. Dennoch sollte man sich nicht entmutigen lassen, wenn es mal daneben geht.

Mondkrater Capuanus Vergleich

(Quelle: LROC Lunar Reconnaissance Orbiter Camera – aus dem Internet)

Mondkrater Hansteen vom 08.04.2017  im direkten Vergleich mit einer Fotografie:

(Das Foto stammt von Reinhard Pankrath, das er mir zur Verfügung gestellt hat)

Von Mal zu Mal gelingt es, sich besser zu orientieren und das Gesehene besser zu platzieren.

Hilfreich kann gerade am Mond auch eine geringere Vergrößerung sein, damit man sich nicht in Details verliert. Hier wäre man dann hoffnungslos überfordert. Am Planeten ist eine hohe Vergrößerung mit einem schönen großen Scheibchen freilich förderlich.

Der Umgang mit Bleistift und Papier

Wie oben beschrieben bevorzuge ich glattes, nicht zu dünnes Papier (A5 Format). Mit dem weichen Bleistift lassen sich darauf durch unterschiedliche Techniken verschiedene Graustufen auf dem Papier auftragen.
Flach gehalten kann man ganz leicht mit Kreisbewegungen hellgraue Flächen schaffen. Je steiler der Stift gehalten wird und je fester dieser zum Einsatz kommt, desto dunkler werden die Linien. Für ganz harte Übergänge (Schattengrenzen) am Mond oder feinste Einzelheiten benutze ich einen Druckbleistift. Damit kann ich auch Ränder sauber nachziehen oder Formen sauber abgrenzen. Mit dem weichen Radiergummi lassen sich diese „Eindrücke“ jedoch nur schwer entfernen. Deswegen setze ich den Druckbleistift auch nur zum „finnish“ ein. Der weiche Bleistift ist hier deutlich gutmütiger und das glatte Papier kommt dem entgegen.

Am Besten ist es natürlich, wenn man erst gar nicht zum Razzifummel greifen muss. Es gilt also zu überlegen, welche Bereiche frei von Graphit bleiben und wo man Hand anlegt.

Hier braucht man auch ein wenig Mut und muss immer bedenken, dass jede Zeichnung automatisch eine persönliche Note bekommt. Jeder Zeichner nimmt die Eindrücke auch etwas anders wahr und es entsteht letztendlich mit der Zeichnung ein Unikat, das mit keiner anderen Zeichnung vergleichbar (oder nur kaum) ist. Die persönliche „Note“ wird stets mitschwingen und man darf auch auf sein „Kunstwerk“ stolz sein.

Sonstige Hilfsmittel

Außer den oben aufgeführten Gerätschaften und Vorlagen benutze ich keinerlei Hilfsmittel für meine Zeichnungen. Ich bin stets bemüht das Objekt in seinem Detailreichtum direkt am Teleskop aufs Papier zu bringen. Kleine Nacharbeiten sind dennoch erforderlich, da die Lichtverhältnisse draußen im Rotlicht manche Einzelheiten anders erscheinen lassen.
Unter Nacharbeit verstehe ich das Nachziehen feiner Linien, Schattenregionen ausfüllen bzw. Schattierungen und Übergänge verfeinern, falls dies notwendig erscheint. Dies ist ein minimaler Zeitaufwand und man hält direkt nach der Arbeit ein Ergebnis in den Händen, das den Vergleich mit zahlreichen Astroaufnahmen nicht zu scheuen braucht. Gerade im Bereich der Planetenzeichnungen und Mondzeichnungen kann man an die Fotografien herankommen.

  Jupiter am 02.11.2022

Ein gutes Beispiel für eine gelungene Zeichnung. Toll wenn dann auch eine Aufnahme zur selben Planetenstellung in zeitlicher Nähe gemacht wird. Dank gilt hier Christoph, der in der Klostersternwarte wieder mal aktiv war. Der Vergleich wurde bei Spektrum im Netz veröffentlicht.

 

Den Jupiter vom 08.04.2017 hat Christoph aus unserer Gruppe beinahe zeitgleich aufgenommen. Der Marsvergleich aus dem Jahr 2014 ist mit Ralfs 16″ ACF entstanden.

Manchmal muss man im ein paar Tage  im Netz suchen, bis man ein Vergleichsfoto findet, das zur gleichen Zeit entstanden ist. So war es bei einer Marszeichnung vom 09.03.2012. Von meiner Saturnzeichnung und der Saturnaufnahme (12.06.2017) die Christoph am gleichen Abend erstellt hat, wurde eine Animation angefertigt:

Im Deep Sky Bereich „versagt“ unser Auge beim Vergleich mit den Aufnahmen, da es das Licht nicht über Stunden sammeln kann. Trotz allem sind die Ergebnisse für Astrokollegen oft beeindruckend, geben sie doch das wieder, was mit dem Auge fassbar ist.

Christoph Gerhard (www.klostersternwarte.de) hat mir diese Animation geschickt. Es ist immer eine Herausforderung Sterne richtig zu setzen. Da kann es schon eine Zeit dauern, bis ein Sternhaufen „sitzt“! Mittlerweile weiß ich dass auch durch die Okulare (gerade bei Weitwinkelokularen) Verzeichnungen auftreten und das Abbild etwas verzerrt sein kann. Zur Animation bitte auf das Bild klicken.

Einige Zeichner unterstützen ihre Arbeit
-mit PC-Programmen Sterne (in den Größenklassen mit oder ohne Spikes und Halos) einfügen
-Nebel und Nebelformen im Grafikprogramm erstellen und bsw. „weichzeichnen“
-Sternfelder im Vorfeld auf die Vorlage übertragen
-Mondkraterumrisse anhand von Karten vorzeichnen
-Am PC die Zeichnung anhand von Skizzen neu designen
– ….

Hier gibt es wahrscheinlich noch viel mehr Möglichkeiten. Jeder kann für sich die Ergänzung wählen, die er für richtig hält, denn…

Die Freude am Hobby steht im Vordergrund

… es gibt schließlich nicht die „Astrozeichnung“. Was noch als Zeichnung gilt oder was schon darüber hinaus geht, muss jeder für sich entscheiden. Für meinen Einstieg in dieses Gebiet war die Natürlichkeit und die Unabhängigkeit von der Technik ein ausschlaggebendes Moment. Die Ergebnisse erscheinen ästethisch, unverfälscht und geben den Anblick im Okular wieder.

Zeichenstunde 28.02.2015

Zeichnungen sind in meinen Augen deshalb auch eine „ehrliche Abbildung“ unseres Universums. Beim Anblick meiner Zeichnung bekomme ich jedes mal wieder Lust und bin motiviert unser schönes Hobby mit der notwendigen Ernsthaftigkeit zu verfolgen. In der notwendigen Ruhe um die Blicke festzuhalten schöpfe ich sehr viel Kraft für den hektischen Alltag.

In diesem Sinne möchte ich alle ermutigen sich einmal in dieser Art der Dokumentation zu versuchen. Es ist gar nicht so schwer, wie man denkt!

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